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gehalten:  Nichts soll mich gefangen nehmen - Auf Veränderungsreise


        auf`s Brötchen. Selbst der Camen-   den Spiegel über dem Waschbecken
        bert läßt sich gut mit dem Löffel   zu gucken. Und ich habe es bis heu-
        zerteilen. Nur meine Familie guckt   te Mittag durchgehalten! Nur ein-
        etwas seltsam.                      mal hätte ich fast beim Verlassen des
        Am  Mittag  dann  die  Herausfor-   Hauses in den Garderobenspiegel
        derung.  Wie bekomme ich die        geschaut, gerade noch innegehal-
        Kräuter  kleingehackt?  Kreativität   ten. Mittags beim Händewaschen
        ist gefragt - eine Schere tut es auch,   blickte ich dann gewohnheitsmä-
        nicht so fein, aber immerhin. Kar-  ßig doch in den Badezimmerspie-
        toffeln fein einschneiden, Radies-  gel.  Aber  immerhin,  schon  mal
        chen schneiden usw. funktioniert    fast sechs spiegelblicklose Stunden!
        nicht ohne Messer. Aber wozu hat    Nachmittags hatte ich dann eine
        man Gäste, die fragen, ob sie helfen   Verabredung in der Stadt. Da wollte
        können. Und so müssen sie ran ans   ich doch einigermaßen vorzeigbar
        Gemüse. Sie haben was zu tun und    ausschauen und habe mich deswe-
        ich habe mehr Zeit, alles andere zu   gen bewusst im Spiegel angeschaut
        regeln. Es ist schön, gemeinsam in   und ein bisschen geschminkt.
        der Küche zu werkeln und zu quat-   Als ich später noch beim Second-
        schen. Ich muss als „gute Hausfrau“   handladen vorbeikam, konnte ich
        nicht alles alleine machen. Es ist   der Versuchung nicht widerstehen
        auch ein schönes Gefühl, sich hel-  und habe zwei Dirndl ausprobiert
        fen zu lassen.                      (die allerdings nicht gepasst haben).
        Fazit: Das war doch deutlich schwie-  Da „musste“ ich mich dann auch
        riger, so ohne Messer. Ich musste   im Spiegel anschauen. Insgesamt
        vielmehr nach Alternativen suchen   war es ein interessantes Experiment,
        und das hat mir nach anfänglichem   obwohl mir schon vorher klar war,
        Stressmoment gefallen.              dass ich im Vorübergehen im Alltag
        (Karin Eisner)                      oft in Spiegel gucke.
                                            (Karin Ritter)
                                              Ein Tag ohne Spiegel war eigenartig.
                  3                         Mir ist dadurch erst aufgefallen, dass


                                            an mehr Stellen als gedacht Spiegel
                                            hängen und einen nahezu auffor-
                                            dern, sie anzusehen (bspw. im Bade-
                                            zimmer am Waschbecken). Zudem
                                            denkt man weniger über seine Wir-
                                            kung nach außen nach, weil einem
                                            diese Perspektive nicht so vor Augen
                                            geführt wird. (Svea Kuloge)

                                            Ein Tag ohne Spiegel
                                            Ich muss schon sagen, dass war erst
        Hier ist die dritte und letzte      einmal eine Herausforderung, ob-
        Aufgabe: Verzichte  morgen          wohl ich kein Mensch bin, der viel
        den  ganzen  Tag  darauf,  ei-      vor dem Spiegel steht. Und wieder
        nen Spiegel zu benutzen.            begann es mit Fragen, die mich be-
                                            stürmten. Wie sehe ich denn aus?
                                            Was denken meine Patienten auf
        Ich hatte es gleich geahnt: Das wür-  der Arbeit? Wie soll ich mich denn
        de mir sehr schwer fallen! Als ich am   kämmen und schminken ohne
        Morgen um 6 Uhr im Badezimmer       Spiegel? Warum ist mir das über-
        stand, habe ich es geschafft, nicht in   haupt wichtig?



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